Politik mit Augenmaß und Empathie
Mit einer besonderen Gemeinderatssitzung am 21. Mai würdigte die Stadt Ostfildern das 20-jährige Dienstjubiläum ihres Oberbürgermeisters Christof Bolay. Neben anerkennenden Worten durch den Ersten Bürgermeister Andreas Rommel und Petra Hönschel-Gehrung als Vertreterin des Gemeinderats überbrachte auch Ditzingens Oberbürgermeister Michael Makurath die Glückwünsche des Städtetags Baden-Württemberg – und überreichte die Verdienstmedaille in Silber.
Schon beim Betreten des Sitzungssaals war klar: Diese Gemeinderatssitzung war keine gewöhnliche. Einige Tische waren zusätzlichen Stuhlreihen gewichen und wie Erster Bürgermeister Andreas Rommel in seiner Rede schmunzelnd bemerkte, war auch die „Anzug- und Krawattendichte“ auffällig hoch. In seiner Begrüßung ließ Rommel keinen Zweifel an der Bedeutung des Jubiläums: „Wir ehren Sie, sehr geehrter Herr Bolay, für die nunmehr zwanzigjährige Führung der Amtsgeschäfte als Oberbürgermeister der Stadt Ostfildern.“ Auch der Gästekreis – darunter frühere Bürgermeister, Ehrenbürger, Vertreter von Schulen, Feuerwehr und Kirchen – unterstrich die Wertschätzung, die Bolay über Parteigrenzen und Amtsgrenzen hinweg genießt.
Zwei Jahrzehnte mit klarer Linie
Rommel zeichnete in seiner Rede den politischen Werdegang Bolays nach – nicht ohne humoristische Einlagen. So erinnerte er an den kalten Wahltag im Februar 2005, an dem Bolay mit 51,44 Prozent im ersten Wahlgang gegen drei Mitbewerber siegte. Die darauffolgenden Wiederwahlen mit über 97 Prozent im Jahr 2013 und knapp 70 Prozent im Jahr 2021 belegten, dass Bolay das Vertrauen der Bevölkerung nachhaltig gewonnen habe.
Im weiteren Verlauf seiner Rede richtete Rommel den Blick auf die Führungsqualitäten des Oberbürgermeisters: „Sie sind ein verlässliches Oberhaupt dieser Stadtverwaltung, klar und werteorientiert in der Führung, Freiräume gewährend gegenüber den Kolleginnen und Kollegen.“ In einer Zeit, in der politische Debatten zunehmend hitzig und kompromisslos geführt werden, sei Bolays Augenmaß ein Vorbild: „Ihr politisches Selbstverständnis – offen, sozial, engagiert – prägt Ostfildern seit zwei Jahrzehnten maßgeblich.“
Ein Satz aus einer seiner jüngsten Reden blieb Rommel besonders im Gedächtnis: „Eine Stadt kann nur so stark wirken, wie sie mit den Schwächsten umgeht.“ Für ihn bringe das Bolays Haltung auf den Punkt.
Humorvolle Anerkennung
Rommel verzichtete bewusst auf das Aufzählen konkreter Projekte – nicht aus Mangel, sondern aus Rücksicht auf die Geduld der Gäste: „Da wären wir nämlich eine ganze Weile beschäftigt.“ Stattdessen überreichte die Verwaltungsspitze dem Oberbürgermeister eine humorvolle Geste: zwei Karten mit dem Vermerk „Du bekommst den Verwaltungsausschuss (VA) frei“ beziehungsweise „Du bekommst den Ausschuss für Technik und Umwelt (ATU) frei“ – eine Anspielung auf ein bekanntes Gesellschaftsspiel. „Wenn mal wieder ein VfB-Spiel unglücklicherweise am Sitzungstag angesetzt ist, stehen Ihre Beigeordneten gerne parat“, sagte Rommel grinsend.
Gemeinderat lobt Souveränität und Rhetorik
Auch Petra Hönschel-Gehrung, erste ehrenamtliche Stellvertreterin des Oberbürgermeisters, würdigte Bolays Leistung im Namen des Gemeinderats. Bereits die Wahl im Jahr 2005 sei „bemerkenswert“ gewesen: Mit gerade einmal 36 Jahren habe er sich im ersten Wahlgang durchgesetzt – gegen starke Konkurrenz. Seitdem habe sich Ostfildern verändert – nicht zuletzt dank Bolays Beharrlichkeit und Führungsstärke. „Der junge Stadtteil Scharnhauser Park ist heute fest integriert in unsere vielfältige Reformstadt“, betonte Hönschel-Gehrung. Herausforderungen wie Wohnraummangel, die Unterbringung von Geflüchteten und die Schaffung von Betreuungsplätzen für Kinder seien konstante Begleiter Bolays Amtszeit gewesen – und das unter wirtschaftlich schwieriger werdenden Rahmenbedingungen.
Ein besonderes Lob galt Bolays Rhetorik: „Es ist schon sehr angenehm, wenn der OB einfach schwätzen kann – kurz, bündig und mit einer Prise Humor.“ Auch seine erste Wahlkampfaussage habe er eingelöst: „Ich werde die Stadt nach innen optimal managen und nach außen positiv repräsentieren.“
Fußballleidenschaft mit politischer Taktik
In humorvollem Ton schlug Hönschel-Gehrung eine Brücke zwischen Bolays Lieblingssport und seiner Amtsführung: „Zwischen Ihrem geschätzten Fußball und dem Amt eines Oberbürgermeisters gibt es doch viele Parallelen: Vorbereitung, Taktik, Fairplay – und den Applaus nicht abheben lassen.“
Auch im Gemeinderat wisse man um Bolays Begeisterung für den VfB Stuttgart – und passe gelegentlich die Tagesordnung entsprechend an. „Steht der Anpfiff des VfB abends an, muss sich jeder Gemeinderat gut überlegen, ob er durch lange Wortbeiträge die Sitzung in die Verlängerung bringt“, so Hönschel-Gehrung augenzwinkernd.
Stabilität als Markenzeichen
Zum Abschluss betonte Hönschel-Gehrung die Bedeutung von Kontinuität: „20 Jahre an der Spitze, drei Oberbürgermeister in 50 Jahren Stadtgeschichte – das spricht für Stabilität und grundsätzliche Zufriedenheit mit der Stadtpolitik.“ In einer von Unsicherheit geprägten Zeit sei dies keine Selbstverständlichkeit.
Trotz mancher politischen Differenzen laufe die Zusammenarbeit im Gremium vertrauensvoll und harmonisch: „Dafür sei Ihnen an dieser Stelle nochmals ein herzlicher Dank ausgesprochen.“ Und auch die sogenannten „Nachsitzungen“ – das gemütliche Beisammensein nach der eigentlichen Sitzung – trügen zum guten Klima bei.
Würdigung mit der Verdienstmedaille des Städtetags
Ein weiterer Höhepunkt des Abends war die Verleihung der Verdienstmedaille in Silber des Städtetages Baden-Württemberg. Dessen Präsidium, vertreten durch Ditzingens Oberbürgermeister Michael Makurath, würdigte Bolays Verdienste als kommunalpolitische Führungspersönlichkeit mit Weitblick und Menschlichkeit.
Noch keine Spur von Amtsmüdigkeit – darin waren sich alle Redner einig. Auch Bolay selbst zeigte sich bewegt und dankbar für die Anerkennung. Was seine Pläne für die Zukunft angeht, hielt er sich – ganz im Sinne seiner politischen Spielweise – bedeckt. Die Taktik wird eben nicht zu früh verraten.
Eines jedoch wurde an diesem Abend deutlich: Christof Bolay ist nicht nur eine Konstante an der Verwaltungsspitze – sondern auch ein Gesicht, das Ostfildern in den letzten 20 Jahren entscheidend geprägt hat. Mit Souveränität, einem offenen Ohr, Humor – und einer gewissen Vorliebe für pünktliche Anpfiffe.
26.05.2025 15:01:03 |